In diesem Beitrag
- DSGVO Anwendung auch auf Blockchains
- Löschung von “Teilen der Blockchain”
- Europäische Regulatoren sehen Unveränderlichkeit und Dezentralisierung als Missverständnis
- Nodes und Miner sind zentrale Kontrollpunkte für Regulatoren
- Was ist zu erwarten?
- Datenschutz sollte über Profit-Interessen bei Blockchain stehen
Die EU will die DSGVO nun auch explizit auf Blockchains anwenden. Droht die EU damit, Blockchains zu löschen?
Das Wichtigste im Überblick:
- Die EU-Richtlinien 02/2025 erklären die DSGVO als anwendbar auf public permissionless Blockchains, was deren Nutzung einschränken könnte.
- Die DSGVO fordert Speicherbegrenzung, was in Extremfällen die Löschung von Teilen einer Blockchain oder Kopien bei Nodes erfordern könnte.
- Unveränderlichkeit und Dezentralität von Blockchains stehen in Frage, da technische und organisatorische Maßnahmen Änderungen ermöglichen.
- Nodes, Miner und Unternehmen könnten für DSGVO-Verstöße haften und sie müssten geprunte, DSGVO-konforme Blockchains verwenden.
- Die EUCI kritisiert die Richtlinie als innovationsfeindlich, während Befürworter den Datenschutz als höheres Gut sehen.
DSGVO Anwendung auch auf Blockchains
Mit der Veröffentlichung der “Richtlinien 02/2025 zur Verarbeitung personenbezogener Daten durch Blockchain-Technologien” hat die EU erklärt, dass die DSGVO auch auf public, permissionless Blockchains zutrifft. Darüber klärt die European Crypto Initiative (EUCI) auf.
The GDPR wasn’t made for blockchains, but it still applies!
The European Data Protection Board’s new draft Guidelines 02/2025 are a game-changer for builders, lawyers, and policymakers navigating decentralised systems.
To help you make sense of it all, we’ve created a new…
— European Crypto Initiative (@EuCInitiative) May 7, 2025
Dabei hat die Nachricht in den vergangenen Tagen, das aus einem Missverständnis stammende Gerücht in Umlauf gebracht, die EU wolle “Blockchains löschen”. Wer aber auch nur ein bißchen über Bitcoin oder auch andere public permissionless Blockchains wie Ethereum weiß, dem dürfte nicht entgangen sein, dass dies in der Praxis kaum möglich ist. Man könnte also annehmen, dass die EU es nur auf public permissioned blockchains abgesehen hat, wie sie vor allem Unternehmen verwenden.
Tatsächlich ist die Richtlinie aber einerseits nicht so naiv, wie es sich aus dem Kontext gerissen anhört. Andererseits ist sie aber durchaus restriktiver als gedacht und zielt dennoch auf public permissionless Blockchains ab.
Löschung von “Teilen der Blockchain”
In der betreffenden Passage geht es um das Prinzip der Speicherbegrenzung der DSGVO. Diese schreibt vor, dass Unternehmen möglichst wenig und höchstens nur temporär persönliche Daten speichern dürfen. Auf Seite 14 des Dokuments steht, dass, “[w]enn die Löschung nicht berücksichtigt wurde, es erforderlich sein kann, die gesamte Blockchain zu löschen.” Dieser Satz wurde in Medien wie X aus dem Kontext gerissen. Im Folgenden geht es darum, dass [w]enn dies die Löschung eines Teils der Blockchain erfordern würde, einschließlich der Löschung von Kopien, die sich im Besitz von Nodes oder anderen Parteien befinden, sollten die für die Verarbeitung Verantwortlichen sicherstellen, dass ausreichende technische und organisatorische Maßnahmen zu diesem Zweck getroffen werden.”
Die Passage führt in der Fußnote zudem einen Verweis auf ein Dokument der Agencia Española de Protección de Datos (AEPD) mit dem Namen “Proof of Concept – Blockchain und das Recht auf Löschung”. Der Inhalt dieses Dokuments hat es durchaus in sich und dürfte einigen Krypto-Enthusiasten bitter aufstoßen. Das Dokument spricht nämlich von Missverständnissen von bestimmten Kernprinzipien von Krypto, nämlich Unveränderlichkeit, Dezentralität, Abwesenheit von Governance und automatische Handlungen von Nodes.
Europäische Regulatoren sehen Unveränderlichkeit und Dezentralisierung als Missverständnis
Dem Dokument nach sei Unveränderlichkeit kein absolutes Merkmal von Blockchains, sondern ein Ziel, das durch technische Maßnahmen erreicht wird. Daten könnten beispielsweise durch Mehrheitsentscheidungen, Angriffe (z. B. 51%-Attacken) oder Projektabbrüche verändert oder gelöscht werden. Das schafft eine Möglichkeit für Regulatoren, die Nodes und Miner direkt durch Rechtsbeschlüsse zu rechtlich konformen Handeln zu bewegen.
Dezentralität sei ebenfalls nicht vollständig gegeben, da oft wenige Akteuer (Mining-Pools und Entwickler) Blockgenerierung und Governance dominieren, was zentrale Kontrolle schafft. Governance existiere, sei aber oft unvollständig und berücksichtigt Datenschutz nicht ausreichend. Nodes handeln nicht rein automatisiert, sondern basierend auf Entscheidungen ihrer Betreiber, die für Datenschutzverstöße haftbar sein können.
Nodes und Miner sind zentrale Kontrollpunkte für Regulatoren
Konkret bedeutet dies, dass die EU Regulatoren durchaus Ansatzpunkte für ihre Regulation gefunden haben, die in Node-Betreibern, Mining-Pools, und vor allem auch Unternehmen und anderen Entitäten steckt, die die Blockchain verwenden. Nodes und Miner könnten dazu angehalten werden, geprunte Blockchains zu verwenden, die bestimmte Transaktionen nicht enthalten, die gegen die DSGVO verstoßen. Unternehmen müssten dann diese geprunten Blockchains müssten dann verwenden. Bei Nicht-Einhaltung haben beteiligte Parteien ggf. strafrechtliche Konsequenzen erwarten, wie die AEPD ausdrückt.
Die Regulation ist technisch schwierig, aber nicht unmöglich umzusetzen. Vermutlich könnten auch freimarktwirtschaftliche Akteure das Problem lösen. Zum Beispiel, indem sie die eine DSGVO-konforme Version der Blockchains für europäische Entwickler und Unternehmen bereitstellen. Auch ist denkbar, dass die Regulation neue Kryptowährungen sinnvoll macht.
Was ist zu erwarten?
Die DSGVO gilt allgemein als eine fortschrittliche Regulation, die die Privatrechte und Daten der EU-Bürger gegenüber Konzernen schützt. Diese haben in der Vergangenheit Daten teilweise ohne Kenntnis oder Zustimmung der Betroffenen kommerzialisiert.
Die Anwendung der DSGVO auf Blockchains macht den Gebrauch von Blockchains in der EU – wie üblich – etwas komplizierter als im Rest der Welt. Betroffen sind davon Unternehmen und Service-Anbieter, die ohnehin die DSGVO überall außerhalb von Blockchain in der Handhabung von Daten umsetzen müssen.
Noch stehen die Richtlinien offen für eine öffentliche Anhörung. Die EUCI bewegt ihre Follower dazu, Kommentare gegen die Richtlinie zu verfassen, um die Gesetzgeber dazu zu bewegen, die Richtlinie zu ändern. Ich denke, dass mit der Vereinfachung, die EU wolle Blockchains löschen, Stimmung gegen die Richtlinie gemacht wird. Es sei eine innovationsfeindliche Politik, die public permissionless Blockchains gegenüber privaten oder permissioned Blockchains bevorzuge. Im Endeffekt sind aber die meisten, die in Kryptowährungen investieren oder sie für andere Zwecke nutzen, von der Regulation unbetroffen. Wer Bitcoin und Ethereum in der Zukunft nutzen will, wird dies in der Praxis auch weiterhin wie gehabt nutzen können. Nicht zuletzt ist Privacy auch eine der Leitlinien von Ethereum.
Datenschutz sollte über Profit-Interessen bei Blockchain stehen
Ich sehe den Schutz der Privatsphäre in Europa als ein höheres Gut als den Nutzen von Blockchains durch Unternehmen. Der Fall, dass die DSGVO nicht auf Blockchains zutrifft, würde sogar eine Präzedenz dafür schaffen, dass Unternehmen gezielt Blockchains nutzen können, um private Daten von Bürgern zu speichern und zu nutzen und evtl. auch zu handeln.
Ich vermute eher, dass die EUCI hier den Mythos verteidigen will, dass public permissionless Blockchains anarchistische und unantastbare Technologien seien, was offensichtlich nicht der Fall ist. Wer aber einerseits die institutionelle und staatliche Investition in Bitcoin feiert und propagiert, wie die Bitcoin Laser Eyes, sollte sich auf der anderen Seite nicht wundern, wenn diese Staaten auch die Regulation von Bitcoin übernehmen wollen.
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